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SCHACHSPIELEN, EIN FREIZEITSPASS?

Unter der Überschrift ,,SCHACHSPIELEN EIN FREIZEITSPASS`` kursierte im März 1979 ein Aufruf ,,AN ALLE MITBÜRGER`` von Lörzweiler, sich im Zuge der steigenden Einwohnerzahl unserer Ortsgemeinde neben den bestehenden Freizeitaktivitäten im sportlichen Bereich oder im Musik- und Gesangsverein auch vielleicht dem Schachspiel zuzuwenden. Angesprochen wurden Erwachsene sowie auch Schulkinder und Jugendliche, wobei nicht ,,Oberligareife``, sondern Freude am Spiel im Sinne des ,,Kaffee-Haus-Schachs`` vorausgesetzt wurden.

Es fanden sich für eine Vereinsgründung schnell 12 bis 14 Jugendliche und Erwachsene, letztere in der Überzahl und offenbar durch Mund-zu-Mund-Propaganda auch in Selzen, Mommenheim und Gau-Bischofsheim angesprochen, so dass auf einer ersten ordentlichen Mitgliederversammlung am 14.10.1979 der erste Vereinsvorstand unter der Führung des 1. Vorsitzenden, Gunther Fell, gewählt werden konnte. Damaliges Gründungsmitglied war u. a. Thomas Klein; auf der ersten MV wurde stellvertretender Vorsitzender, eine Aufgabe, die er noch heute inne hat, und Schriftführer Peter Th. Müller.

Erste Vergleichswettkämpfe führten 1980 gegen Leeheim (3,5 zu 6,5 und 2,5 zu 6,5) und gegen Mommenheim (6,5 zu 3,5), ehe im selben Jahr der Beitritt zum Hessischen Schachverband, Unterverband 8, in Ermangelung eines geeigneten Spielbetriebes im Rheinhessischen Schachbund, der sich 1979 gründete, erfolgte.

Zu diesem Zeitpunkt hatte der Verein neun Jugendliche zwischen 9 und 15 Jahren und neun Erwachsene. Ein erstes Jugendvereinsturnier im Jahr 1981 (12 Jugendliche) gewann Susanne Ringelsbacher vor Mark Kutscher und Jens Knappe. Das zweite Vereinsturnier der Jugendlichen gewann 1983 Bernhard Hauck vor Wolfgang Spey und Jens Knappe. Bei den Erwachsenen siegte damals Adolf Weiß vor Dr. Bruno Klein und Peter Müller; ersterer gewann in der Folgezeit dreimal hintereinander den Wanderpokal des Vereins, der damit endgültig nach Gau-Bischofsheim ,,wanderte``.

Die Erwachsenen hatten zwischenzeitlich den Aufstieg in die 2. Bezirksklasse geschafft - man spielte mittlerweile in Rheinhessen - und bildeten mit ,,jugendlicher Unterstützung`` ab der Saison 1983/84 auch eine zweite Mannschaft (2. Kreisklasse).

Zur Mitgliederversammlung am 12.04.1984 zählte der Verein zehn Erwachsene und zwölf Kinder und Jugendliche. Das Vereinsvermögen, bestehend aus 10 Uhren, 32 Spielplänen, 16 Figurensätzen, Demo-Brett und Wanderpokalen, belief sich auf etwa DM 1.500.-, der Kassenbestand betrug DM 275,30, wie der 1. Vorsitzende, Gunther Fell, berichtete. Damals wurde der Beitritt des Vereins zum Rheinhessischen Sportbund für den 01.07.1984 beschlossen. Die Position des 1. Vorsitzenden übernahm auf dieser MV der jetzige Amtsinhaber.

Die 1. Mannschaft stieg in der Spielsaison 1984/85 in die 1. Bezirksliga auf, und schon damals wurde allen Beteiligten deutlich vor Augen geführt, dass der ,,Freizeitgedanke`` beim Schach wenn nicht Illusion, so doch zumindest ein wenig realitätsfern lag, wollte man sich im Wettstreit mit anderen Mannschaften erfolgreich messen.

So wurde die Jugendarbeit durch Peter Müller und Thomas Klein, die ihre Trainerlizenz erwarben, intensiviert und später durch Bernhard Hauck und Manuel Gauer fortgeführt. Vorübergehend wurde ein externer Trainer - Guido Neuberger - angestellt, von dessen Erfahrung und der parallel verlaufenen Kaderausbildung vor allem unsere heutigen Spitzenspieler Peter Faiß, Manuel Gauer und Ulf Geyer profitierten.

Diesen drei Spielern gelang es 1993, zusammen mit Michael Lipp, nicht nur die rheinhessische sondern auch die rheinland-pfälzische Jugendmannschaftsmeisterschaft zu gewinnen, ein durchaus herausragender Erfolg, der 1994 sogar noch wiederholt werden konnte.

Die ,,Hochzeit`` in der Jugendarbeit erlebte der Verein Ende der achtziger Jahre, als neben der 1. Herrenmannschaft auch zwei 6-er Jugendmannschaften gebildet werden konnten (1988). Zu dieser Zeit erhielt der Verein eine Ehrung durch die Schachjugend Rheinhessen für besondere Leistungen auf dem Gebiet der Jugendarbeit. Zugunsten einer zweiten Herrenmannschaft wurde später eine Jugendmannschaft aufgelöst. Spektakuläre Siege der ,,Kleinen`` gegen ,,gestandene`` Erwachsene anderer Vereine (z. B. Bodenheim) sind in guter Erinnerung und zeugen davon, dass nach dem Schachspiel durchaus ,,Spaß am Schach`` aufkommen konnte.

Beflügelt durch die gute Jugendarbeit und wachsende Mitgliederzahlen (32 Mitte der 80-iger Jahre) entschloß man sich zur Durchführung der Einzelmeisterschaften an Ostern 1986, die ein voller Erfolg wurden, was die Organisation, Durchführung und Preisfond anging, und die ein dauerhaftes finanzielles Polster in der Vereinskasse brachte. Maßgeblich beteiligt durch aktive Verkaufsmitarbeit und zur Verfügung gestellte Kuchenspenden waren auch die Mütter unserer Jugendlichen und die Ehefrauen der erwachsenen Spieler.

Mit gleichem Erfolg wurde neun Jahre später unter Mithilfe aller Mitglieder die Jugendeinzelmeisterschaft ausgerichtet.

Unter erheblichen Einschränkungen waren verschiedene Mitglieder in der Vergangenheit auf regionaler und überregionaler Schachebene organisatorisch aktiv. So ist insbesondere hervorzuheben die mittlerweile fast zwei Jahrzehnte andauernde Tätigkeit von Thomas Klein als Kassenwart der Schachjugend Rheinhessen sowie die effiziente und engagierte Führungsarbeit von Peter Faiß in der Schachjugend Rheinhessen und als Schulschachreferent sowohl bei der Schachjugend Rheinhessen als auch bei der rheinland-pfälzischen Schachjugend, nicht zu vergessen seine seit 1994 andauernde Schiedsrichtertätigkeit. Auch Peter Müller (Schriftführer beim Schachbund Rheinhessen), Wolfgang Kosmider (2. Vorsitzender beim Schachbund Rheinhessen), und Fabian Wall (Schulschachreferent und 2. Vorsitzender bei der Schachjugend Rheinhessen) hatten als Funktionsträger maßgeblichen Anteil an Verbandsaufgaben.

Bei alledem kam in der Vergangenheit allerdings der ,,Freizeitspaß Schach`` nicht zu kurz. So fuhren (und fahren noch heute) mehrere Vereinsmitglieder regelmäßig zu Blitz- und Tandemblitzturnieren (Trier und Umgebung) und brachten Preisgelder (und Kaffee) und sonstige Ehrungen mit. Auch an den Vereinsabenden wird regelmäßig Tandem geblitzt, wobei insbesondere bei einigen älteren Spielern erkennbare Konzentrationsmängel auftreten, die nicht durch ,,Ulfen``, sondern nur durch erhöhten Einsatz des jeweiligen Mitspielers ausgeglichen werden können.

Freizeit-Schach mit ernsthafter Gewinnabsicht wird alljährlich im Anschluß an die MV und nach einem gemeinsamen Kaffeetrinken beim Weihnachtsblitz betrieben, seit nunmehr vier Jahren auch während eines drei bis vier Tage andauernden Besuches einer Ferienanlage; dabei stehen allerdings Kegeln, Bowling, Doppelkopf, Skat und jede Menge Strategiespiele (bevorzugt im Zeitraum später Abend bis früher Morgen) sowie der Grillspaß im Vordergrund. Während des Sommerfestes, das seit einiger Zeit fester Programmteil des Jahresablaufes ist, wird bevorzugt gekegelt und abends gegrillt, und auch die Unterhaltung findet ausreichende Themen und allseitige Beachtung.

Zurückblickend auf die Ausgangsfrage wird jeder Vereinsspieler den Schachsport beim Mannschaftswettkampf wie auch bei Einzelmeisterschaften wohl nicht als Freizeitbeschäftigung ansehen, wenn er ernsthaft und erfolgsbezogen betrieben wird, wobei Niederlagen jederzeit einkalkuliert werden müssen. Werden jedoch an Übungsabenden lockere Kurz- oder Blitzpartien - unter entsprechender Kommentierung der Kiebitze - absolviert, dann wird dem Gedanken ,,Schachspielen, ein Freizeitspaß`` sicherlich eher Rechnung getragen werden können.